Sonntag, 7. Oktober: Gottesdienst mit Überschlag

Der Sonntag beginnt entspannt mit einem späten Frühstück und machen uns sonntagsfein. Eine kleine Delegation geht in den römisch-katholischen Gottesdienst um 10 Uhr in englischer Sprache (eine von vier Sprachen, in denen dort Gottesdienste gefeiert werden; englisch, georgisch, polnisch und lateinisch). Da die Liturgie wie zu hause ist, ist es einfach, dem Gottesdienst zu folgen.

Die anderen laufen dann vorbei an interessanten Marktständen zur Peace Cathedral. Dort treffen wir uns und beginnen ein echtes Gottesdienstabenteuer.

In der Peace-Cathedral werden wir herzlich von der baptistisch-georgischen Gemeinde empfangen. Nino ist hier zu hause. Tabea wird von den drei Bischöfen als Liturgin mit eingeschlossen und bekommt eine blaue Robe mit Stola. Dann beginnt der Gottesdienst.

Manche Rituale und Lieder kennen wir bereits aus den Gottesdiensten in Ojio und Gori. Es ist ein lebendiger Gottesdienst, in dem die Gemeinde durch liturgische Antworten aktiv beteiligt ist. Die Musik ist eine Mischung aus scheinbar orthodoxer Musik und Taize-Liedern. Die Predigt hält Bischöfin Rusudan Gotsiridze. Es geht um die Frage, wer Jesus bzw. Gott für uns ist und wie sich unser Gottesbild verändert.

Die Abendmahlsliturgie hat Bischof Malkhas auf der Grundlage von Johannes Chrysostomus entwickelt. Besonders beeindruckt uns, dass er barfuß celebriert und Weihrauch großzügig zum Einsatz kommt (das Weihrauchfass hat wunderschöne Glocken und die Konsekration endet mit einem Überschlag). Alte Liturgie wird lebendig ausgelebt. In ökumenischer und interreligiöser Offenheit wird jeder willkommen geheißen. Dieser Ort ist ein Ort, der frei ist von Hass. Der Gottesdienst endet mit einem dreifachen Wangenkuss.

In der Peace-Cathedral übergeben wir auch den Ziegelstein, den wir aus St. Anna mitgebracht werden. In der Peace-Cathedral wird als eine Gegenreaktion auf religiösen Hass nicht nur eine Synagoge, sondern auch eine Moschee in den Gottesdienstraum mit eingebaut. Mit unserem ungewöhnlichen Geschenk wollen wir unsere Unterstützung zum Ausdruck bringen, sowohl als Individuen, als auch als Menschen, die aus der Friedensstadt kommen. Übernächstes Jahr, 2020, soll alles fertig sein. Bischof Malkhas zeigt uns auch die Bibliothek. Wir verabschieden uns, nicht ohne Pläne für die Zukunft gemacht zu haben. Es wird ein Wiedersehen geben.

Nach dem Gottesdienst stärken wir uns bei einem späten Mittagessen, das wieder neue kulinarische Horizonte erschließt.

Die verbleibende Zeit bis 18 Uhr nutzen wir zur Stadtbesichtigung und zum Museumsbesuch. Es gibt viel zu sehen über Kolchis, große Mengen an Goldschmuck, archäologische Schätze des Landes, aber auch eine hervorragende Ausstellung über die Unabhängigkeitsbewegung in Georgien und die Besatzungszeit.

Der Tag geht zu Ende. Wir sind müde und erfüllt von den ungewohnten Eindrücken.

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