Früh am Morgen hieß es heute Abschied nehmen von Ninos Familie und Ozhio. Ausgestattet mit einem leckeren Frühstück, das wir im Auto gegessen haben, ging es auf eine abenteuerliche Fahrt nach Tiflis. Der gleiche Kleinbus, der uns bereits am frühen Mittwochmorgen vom Flughafen abgeholt hat, brachte uns nun wieder dorthin – dieses Mal bei Tageslicht. So konnten wir die wunderschöne georgische Landschaft sehen und die Fahrt über die Berge genießen. Bis auf 1650m ging es. Im Gegensatz zur ersten Fahrt nach unserer Ankunft, wurde heute eine neue Technik ausprobiert, wie das Gepäck transportiert werden kann: auf dem Dach. Diese abenteuerliche Konstruktion, bei der die Koffer allein durch ein paar dünne Seile befestigt waren, erwies sich tatsächlich als stabil und trotzte den unebenen Straßen und den Ausweichmanövern unseres Fahrers. Besonders in Tiflis ist Autofahren eine Kunst und benötigt Mut, Durchsetzungsvermögen und vor allem Gottvertrauen. Überholt wird prinzipiell immer und Lücken werden konsequent genutzt.
Nachdem wir in Tiflis unser Gepäck in die neue, wunderschöne Unterkunft gebracht haben, ging es weiter nach Gori. Dort wurden wir von der örtlichen Baptisten-Gemeinde empfangen und feierten gemeinsam das Abendmahl. Besonders schön war es, als während des Abendmahls ein Taizé-Lied gesungen wurde, wie schon beim Gottesdienst am Mittwoch. Die Brüder von Taizé bezeichnen ihre Musik oft als „Musik der Einheit und des Friedens“. Diese Beschreibung bekommt hier eine ganz reale Bedeutung. Die Musik verbindet nicht nur die verschiedenen Konfessionen, sondern auch Kulturen und vor allem Sprachen. Jeder kann das Lied in einer Sprache singen die er kennt und so am Gottesdienst teilnehmen. Die Gemeinde in Gori kümmert sich um die Armen der Stadt und hat eine Suppenküche. Nach dem Gottesdienst wurde der Raum also umgebaut und es gab eine wärmende und nährende Mahlzeit für die Armen, die bereits am Gottesdienst teilgenommen hatten. Eine solche Armut kennt man aus Deutschland nicht. Menschen, die zwei Mal alles verloren haben und für die die staatliche Hilfe bei Weitem nicht ausreicht. Im Anschluss wurden wir zum Essen bei der Pastorin der Gemeinde eingeladen, gemeinsam mit der Bischöfin, die den Gottesdienst gehalten hat. Hier zeigte sich einmal mehr die georgische Gastfreundschaft. Es war sehr lecker und wir sind sehr dankbar für alle Gaben!
In Gori haben wir engagierte und couragierte Frauen getroffen, die sich für ihre Nächsten und die Armen einsetzten. Die andere Seite dieser Stadt haben wir gesehen, als wir ein Kriegsmuseum besuchten und das Geburtshaus von Stalin sahen. Letzteres wurde nach seinem Tod mit einem großen Pavillon überbaut. Es ist erschreckend zu sehen, wie die Auseinandersetzung mit dem Stalinismus und dem Kommunismus abläuft – auch wenn die Aufrechterhaltung „alter Zeiten“ dem Tourismus dienen mag. Auf der einen Seite wird das Gedenken an Stalin aufrecht erhalten, auf der anderen Seite haben wir die Menschen getroffen, die unter dem Konflikt mit Russland bis heute leiden und oft alles verloren haben.
Auf der Fahrt von Gori nach Tiflis konnten wir einmal mehr die schöne Landschaft genießen. Diese ist gezeichnet von vielen Bergen. An einer Stelle konnte man sogar die weit entfernten, schneebedeckten Berge des Kaukasus sehen. In unserer neuen Unterkunft angekommen haben wir uns für die kommenden Tage eingerichtet und freuen uns auf das, was uns noch erwartet.